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High Street vs. Ultra Luxury - wie sieht die Zukunft des Einzelhandels aus?

Die Einzelhändler der Welt stehen derzeit vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Schon vor Beginn der Pandemie hatten viele stationäre Einzelhändler Probleme, da das Online-Geschäft zunehmend Kunden anzieht und deutlich Marktanteile gewinnt. Diese Entwicklung könnte durch Covid-19 deutlich beschleunigt werden, aber wird das traditionelle Einzelhandelsgeschäft wirklich für alle Segmente der Branche aussterben?
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Abstands- und Hygieneregelungen könnten in einer Post Covid-19 Welt das „new Normal“ werden, wodurch es unwahrscheinlich ist, dass der stationäre Einzelhandel von Verbrauchern weiterhin so besucht wird wie zuvor. Eine kontaktlose Wirtschaft könnte entstehen, wodurch E-Commerce und Automatisierung ein ganz neues Niveau erreichen werden.

Für Luxusmarken ist jedoch die persönliche Shopping Erfahrung ein Teil ihrer Kernidentität. Wunderschöne Flagship-Stores in 1A-Lage und die Möglichkeit als Kunde das Produkt anzufassen und auszuprobieren. Die persönliche Kundenbeziehung zu den Beratern, sowie das Wissen und den Service, den diese bieten, ganz zu schweigen von dem Gefühl, das eine große Gucci-Shopping Tasche den Kunden vermittelt, wenn sie nach dem Kauf durch die Einkaufsstraße bummeln.

In der Vergangenheit betrachteten Luxusmarken E-Commerce als einen Kanal, der für Masse und den Verkauf von Luxusgütern der unteren bis mittleren Preisklasse reserviert war. E-Commerce wurde daher eher als unangemessen gerade für High-End Marken und Produkte angesehen, weshalb diese exklusiv den Boutiquen vorbehalten waren. Aufgrund der anhaltenden Pandemie und ihrer sozialen Folgen, wird das Leben jedoch zunehmend digitaler, weshalb auch Luxusmarken überlegen müssen, welche mutigen, innovativen und luxuriösen Ansätze umsetzbar sind, bei denen gleichzeitig Markenkern und -historie bewahrt werden können.

Es wird erwartet, dass bis 2025 ein Fünftel des Umsatzes im Luxusbereich online generiert wird, auch Net-A-Porter und Farfetch haben bereits in den letzten Jahren erfolgreich gezeigt, dass Kunden bereit sind, High-End Produkte online zum Vollpreis zu kaufen.

Jedoch bleiben bis heute Boutiquen und Flagshop Stores für den europäischen Luxuskonsumenten die dominierende und bevorzugte Anlaufstelle, aufgrund der doch so einzigartigen Shopping Erfahrung. Und würde man nicht annehmen, dass der Luxuskunde weiterhin einen persönlichen Kundenservice und ein außergewöhnliches Erlebnis bevorzugt?

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© Desenio Design Studio

Für diese Antwort lohnt es sich, sich die Luxusshopper der Zukunft anzusehen, da wir uns zusätzlich mitten in einem Generationswechsel befinden. Die Generation Z (definiert jene, die nach 1996 geboren wurden), ist nach Ansicht vieler Marktforschungsunternehmen einer der wichtigsten Einflussfaktoren von heute, da sie sowohl Millennials als auch Gen Xer in Bezug auf das, was sie sind und was sie kaufen stark beeinflussen. Gen Z blickt über das Produkt an sich weit hinaus und versucht tatsächlich zu verstehen, wie die Marke dahinter tickt. Was ist ihre Mission? Was ist ihr Zweck? Und welchen Beitrag kann sie für uns als Gesellschaft leisten? Basierend auf diesen Werten, würde man erwarten, dass Gen Z vornehmlich in nachhaltige Produkte investiert. Jedoch hat eine kürzlich durchgeführte McKinsey-Meinungsumfrage herausgefunden, dass Gen Z definitiv bereit ist, für Luxus Geld auszugeben. Der Unterschied besteht darin, dass Gen Z Luxus nicht als Namen oder Marke betrachtet, die sie als Status präsentieren möchten.

Die Suche nach Individualität, dem Besonderen und dem Persönlichen, ist das was den Gen Z Kunden anspricht. Wenn dieses beim Shoppen bei einer Luxusmarke zufinden ist, sind sie absolut bereit, dafür zu bezahlen! Für eine Generation, die durchschnittlich acht Stunden pro Tag mit ihrem Smartphone verbringt, ist das Online-Geschäft jedoch weiterhin auf dem Vormarsch. Solange jedoch Luxusmarken verstehen, das Einkaufs- und Produkterlebnis zu personalisieren, besteht eine gute Chance, ihre Flagship-Stores am Leben zu erhalten und den zukünftigen Luxuskonsumenten weitgehend davon abzuhalten, online zu gehen.

Was für das Luxussegment nach einer vielversprechenden Zukunft klingt, könnte das Ende für den High Street Einzelhandel bedeuten. Viele High Street Marken wurden von den Folgen der Pandemie schwer getroffen, weil sie nach wie vor an eine „zero-online“ Strategie glauben und damit zukünftige Generationen verpassen. Jedoch wird nicht nur der Vormarsch der Digitalisierung entscheidend sein für das Retailgeschäft der High Street Marken. Das unpersönliche Einkaufserlebnis, das High Street Stores traditionell bieten und die Transparenz Produkte online zu vergleichen, unterstützen nicht Gen Z für High Street Marken zu gewinnen. Auch spricht das bekannte „Fast Fashion“ Model der High Street Marken gegen die genannten Werte von Gen Z. Kleidung, die in Niedriglohnländern in denen Arbeitsbedingungen und Gehaltsniveau unter ethischen Standards liegen, Massenware, aus geringer Qualität, die höchstwahrscheinlich bald auf Mülldeponien landen, werden langfristig nicht überzeugen können.

Um zu überleben, werden High Street Marken gezwungen sein über eine digitale, nachhaltige und kollaborative Lösung nachzudenken. High Street Marken haben es geschafft sich im Laufe der Jahre kontinuierlich an veränderte Kundenbedürfnisse anzupassen. Omni-Channel, Öko-Initiativen und die Nutzung neuer Technologien könnten dazu beitragen, wieder eine dauerhafte emotionale Bindung zu zukünftigen Generationen von Verbrauchern aufzubauen - wohlwissend dass dieser ein sehr herausfordernder Weg sein wird.

 

 

 

 

Sabrina Gildehaus ist Modeexpertin und Fachfrau aus Berlin, die jetzt in Kiew in der Ukraine lebt.
Sie ist Gründerin der Modeberatung Gildehaus. Ihre Aufgabe ist es, Modemarken zu unterstützen und zu entwickeln und eine Gemeinschaft von Modeexperten zu schaffen.

Sie verfügt über mehr als 10 Jahre Berufserfahrung in der Modebranche. Zuvor arbeitete sie mit Tom Tailor, Joop! und Zalando SE zusammen. 

https://gildehaus.com.ua/

https://www.instagram.com/sabrina.gildehaus/

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